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Wie hohe Sensibilität die Nachhaltigkeit vorantreibt: Die Kraft der Ehrfurcht und der Verbundenheit mit der Natur

10th September 2025 - Von Helen Dunne, Francesca Lionetti, Michael Pluess und Annalisa Setti

Über die Autoren

Helen Dunne ist Absolventin der Angewandten Psychologie und absolviert derzeit ein Postgraduiertenstudium für das Lehramt.

Francesca Lionetti ist außerordentliche Professorin/Forscherin an der Universität von Pavia, Expertin für Entwicklungspsychologie und spezialisiert auf sensorische Verarbeitungssensibilität.

Michael Pluess ist Professor für Entwicklungspsychologie an der University of Surrey und anerkannter Experte für sensorische Verarbeitungssensibilität.

Annalisa Setti ist Senior Lecturer für angewandte Psychologie am University College Cork, Irland. Sie erforscht die Vorteile der Natur und nachhaltige Verhaltensweisen bei Menschen mit unterschiedlicher Sensibilität.

Zusammenfassung

Hochsensible Menschen sind stärker mit der Natur verbunden. In dieser Studie zeigen wir, dass Ehrfurcht, die Bewunderung für die Natur, ein wichtiger Faktor für diese Verbindung ist. Wir zeigen auch, dass eine höhere Sensibilität zu umweltfreundlicherem Verhalten führt, weil man sich mit der Natur verbunden fühlt und die zukünftigen Folgen von Handlungen besser einschätzen kann.

Studienhintergrund

Jüngste Forschungen, darunter auch unsere eigenen (1) und die anderer (2), haben ergeben, dass hochsensible Menschen tendenziell stärker mit der Natur verbunden sind als weniger sensible Menschen. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da die Verbindung zur Natur verschiedene Vorteile für das Wohlbefinden mit sich bringt (3).

Wenn hochsensible Menschen tatsächlich stärker mit der Natur verbunden sind, neigen sie möglicherweise auch eher dazu, sich um sie zu kümmern, und verhalten sich daher auf eine Weise, die die Umwelt schützt und respektiert (4). Neben einer tieferen Verbundenheit mit der Natur könnte die Komponente der Verarbeitungstiefe bei Hochsensibilität dazu beitragen, dass hochsensible Menschen die langfristigen Folgen ihres Handelns besser bedenken und so umweltfreundliche Verhaltensweisen fördern.

Angesichts der entscheidenden Bedeutung, die der Erhalt und die Wiederherstellung der Umwelt für die Gesundheit der Menschen und des Planeten haben, zielt diese Studie darauf ab, dies zu untersuchen:

  1. ob Ehrfurcht ein psychologischer Faktor ist, der zu einer stärkeren Verbundenheit mit der Natur beiträgt, die hochsensible Menschen erleben.
  2. ob Personen mit einer erhöhten Sensibilität nachhaltigere (umweltfreundlichere) Verhaltensweisen an den Tag legen und welche psychologischen Faktoren diesen Verhaltensweisen zugrunde liegen.

Methode

Wir haben eine große Stichprobe von 807 Personen befragt, die verschiedene Fragen anhand von validierten Skalen beantwortet haben.

Um unsere erste Hypothese zu überprüfen, wurden die Teilnehmer gebeten, über ihre Naturverbundenheit zu berichten, indem sie Items wie „Ich fühle oft eine Verwandtschaft mit Tieren und/oder Pflanzen“ bewerteten, und über ihre Anfälligkeit für Ehrfurcht, mit Items wie „Ich empfinde fast jeden Tag Staunen“.

Für die zweite Hypothese bewerteten wir umweltfreundliches Verhalten mit Fragen wie „Wie oft schalten Sie das Licht aus, wenn Sie einen Raum verlassen?“ und die Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen mit Fragen wie „Ich bin bereit, mein gegenwärtiges Glück oder Wohlbefinden zu opfern, um zukünftige Ergebnisse zu erzielen“. Zusätzlich haben wir die Sensibilität mit der kurzen Highly Sensitive Person Scale (5) gemessen.

Wir haben zwei Hauptanalysen durchgeführt. Erstens haben wir ermittelt, ob Ehrfurcht ein wichtiger psychologischer Faktor ist, der dazu führt, dass hochsensible Menschen sich mehr mit der Natur verbunden fühlen. Zweitens untersuchten wir, ob eine starke Verbundenheit mit der Natur und die Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen des eigenen Handelns ausschlaggebend dafür sind, dass hochsensible Menschen ein umweltfreundliches Verhalten an den Tag legen.

Wichtigste Ergebnisse

Unsere beiden ursprünglichen Vorhersagen wurden bestätigt. In Bezug auf unsere erste Hypothese haben wir festgestellt, dass Ehrfurcht ein signifikanter Vermittler zwischen hoher Sensibilität und Naturverbundenheit ist. Was unsere zweite Hypothese betrifft, so haben wir festgestellt, dass sowohl die Verbundenheit mit der Natur als auch die Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen Vermittler zwischen hoher Sensibilität und umweltfreundlichem Verhalten sind.

Was soll das bedeuten?

Im Wesentlichen erleben diejenigen, die auf der Sensitivitätsskala höhere Werte erzielen, mehr Ehrfurcht, wenn es darum geht, die Schönheit der Natur wahrzunehmen, was wiederum zu einem Gefühl der größeren Verbundenheit mit der Natur führt. Eine tiefe Bewunderung für die Natur zu empfinden, entspricht einer der Komponenten der Umweltsensibilität, nämlich der ästhetischen Sensibilität.

Noch wichtiger ist, dass die starke Verbundenheit mit der Natur zusammen mit der Neigung, die Folgen des eigenen Handelns für den Planeten stärker zu berücksichtigen, umweltfreundliche Verhaltensweisen fördert. Daher sind hochsensible Menschen nicht nur stärker mit der Natur verbunden, sondern sie geben auch an, sich aktiver für den Umweltschutz einzusetzen.

Hauptbeitrag

Diese Studie ist die erste, die zeigt, dass hochsensible Menschen eher dazu neigen, nachhaltige Verhaltensweisen an den Tag zu legen, um sich um unseren Planeten zu kümmern. Durch die Klärung der psychologischen Faktoren, die Hochsensibilität mit umweltfreundlichem Verhalten verbinden, bieten wir neue Erkenntnisse über diese Eigenschaft und zeigen, warum hochsensible Menschen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Planeten spielen können.

Zukünftige Forschung

Zukünftige Studien sollten sich darauf konzentrieren, andere Methoden als Umfragen zu verwenden, um diese Faktoren zu erforschen und Interventionen zu entwickeln, die umweltfreundliches Verhalten in der breiten Bevölkerung unterstützen.

Literatur

  1. Setti A, Lionetti F, Kagari R, Motherway L, Pluess M. Die Temperamentseigenschaft Umweltsensibilität ist mit Naturverbundenheit und Affinität zu Tieren verbunden. Heliyon. 2022;8(7).
  2. Black BA, Kern ML. Eine qualitative Untersuchung der individuellen Unterschiede im Wohlbefinden von hochsensiblen Menschen. Palgrave Communications. 2020;6(1):103.
  3. Tzankova I, O’Sullivan C, Facciuto AI, Sacchetti L, Fini F, Cicognani E, et al. Engagement with Nature and the Home Environment: Wohlbefinden und umweltfreundliches Verhalten bei irischen und italienischen Universitätsstudenten während des COVID-19-Notfalls. International Journal of Environmental Research and Public Health. 2023;20(14).
  4. Setti A, MacIntyre T. Mensch-Natur-Fit: Förderung des Wohlbefindens durch die Natur. In: Burke J, Boniwell S, Frates E, O’Boyle C, L L, editors.International Routledge Handbook of Positive Health Sciences 2024.
  5. Pluess M, Lionetti F, Aron EN, Aron A. Menschen unterscheiden sich in ihrer Sensibilität gegenüber der Umwelt: Eine integrierte Theorie, Messung und empirische Belege. Journal of Research in Personality. 2023;104:104377.
  6. Dunne H, Lionetti F, Pluess M, Setti A. Individuelle Eigenschaften sind mit umweltfreundlichem Verhalten verbunden: Umweltsensibilität, Naturverbundenheit und Rücksicht auf zukünftige Konsequenzen. Mensch und Natur. 2024;6(2):586-97.