Zum Inhalt springen

Zusammenfassung der 2. Internationalen Konferenz zur Sensibilitätsforschung.

5th August 2024 - Von Sophia Bibb

Über die Autoren

Sophia Bibb ist Doktorandin im ersten Jahr der Neurowissenschaften an der Ohio State University in Columbus, Ohio, USA. Ihr Interesse gilt der Anwendung von psychophysiologischen und neuroimaging Methoden, um die neuralen Grundlagen temperamental bedingter Sensibilität zu ergründen.

Zusammenfassung

Die 2.. International Conference on Sensitivity Research fand am 22.. Mai 2024 online statt. In diesem Blogbeitrag fassen wir die Tagung zusammen und heben einige wichtige Beiträge verschiedener Sensibilitätsforscher hervor.

Einführung

Seit den späten 1990er Jahren gab es eine Explosion der Forschung, die sich auf individuelle Unterschiede in der angeborenen Sensibilität und die Frage konzentrierte, was es bedeutet, in der modernen Welt ein sensibler Mensch zu sein. Es wurde klar, dass Menschen in ihrer Sensibilität variieren – doch die Forschung zu diesem Thema war bislang begrenzt.

Im Laufe der Zeit begannen immer mehr Wissenschaftler aus unterschiedlichen Teilbereichen der Psychologie – darunter die Entwicklungs-, Evolutions-, Sozial-, Genetik-, Persönlichkeits- und klinische Forschung – sich auf das Merkmal zu konzentrieren, das wir heute als Umwelt-Sensibilität kennen. Auf dieser Konferenz kamen Forscher aus der ganzen Welt zusammen, um aktuelle Forschungsergebnisse zu diesem wichtigen Merkmal zu teilen.

Die diesjährige Konferenz fand am 22.. Mai 2024 virtuell statt. Sie war eine halbtägige Veranstaltung, die einen Hauptvortrag, drei 15-minütige Vorträge, drei 5-minütige Blitzvorträge und eine Podiumsdiskussion zur Messung von Sensibilität umfasste.

Die in den Vorträgen behandelten Themen umfassten aktuelle empirische Erkenntnisse, zukünftige Forschungsrichtungen und die Implikationen der gegenwärtigen Forschung für klinische Praktiken. Es waren fast 300 Teilnehmer mit unterschiedlichem Hintergrund anwesend, die alle über die Online-Frage- und Antwortfunktion Fragen stellen konnten.

Hauptvortrag

Nachdem der Organisator, Dr. Michael Pluess von der University of Surrey, Großbritannien, einige herausfordernde technische Schwierigkeiten elegant gemeistert hatte, begann die Konferenz mit einer Grundsatzrede von Dr. Elaine und Dr. Arthur Aron.

Dr. Elaine Aron ist klinische Psychologin, während Dr. Arthur Aron Sozialpsychologe ist. Gemeinsam schufen dieses Forschungsteam 1997 die erste Sensibilitätsskala, bekannt als die Skala für hochsensible Personen (HSP). Sie waren auch die ersten, die das Merkmal der Sensory Processing Sensitivity (SPS) definierten.

In ihrer Ansprache gaben sie einen Überblick darüber, wie sich die Wissenschaft der Sensibilität seit der ersten Definition des Merkmals im Jahr 1997 entwickelt hat und wie wir die Forschung in diesem Bereich weiter vorantreiben können.

15-minütige Vorträge

Zunächst stellte Dr. Jenni Kähkönen, Doktorandin und jetzige Postdoktorandin an der University of Surrey, Großbritannien, ihre Arbeit über hochsensible Kinder in der Schule vor.

In ihrem Vortrag erörterte sie zunächst die Entwicklung und Validierung der Lehrerberichtsskala für hochsensible Kinder in Schulen (HSC-School). Anschließend teilte sie ihre Ergebnisse unter Verwendung dieser Skala, einschließlich Einblicke in die emotionalen, kognitiven und zwischenmenschlichen Merkmale sowie Ergebnisse hochsensibler Kinder im Kontext von Schule.

Jenni stellte fest, dass hochsensible Kinder über ausgeprägte Fähigkeiten zur Emotionserkennung verfügen, Fehler vermeiden und weniger impulsives Verhalten zeigen als weniger sensible Kinder. Darüber hinaus fand sie heraus, dass die HSC-School Skala im Vergleich zu bestehenden Sensibilitätsmessungen einzigartig erfasst, wie sich Sensibilität in schulischen Umgebungen manifestiert.

Dr. Véronique de Gucht von der Universität Leiden, Niederlande, präsentierte als Nächstes ihre Arbeit zur Entwicklung des Sensory Processing Sensitivity Questionnaire (SPSQ), einer neuen Skala zur Erfassung von sechs Subskalen der Sensibilität: emotionaler und physiologischer Reaktivität, sensorischem Unbehagen, Sensibilität gegenüber subtilen Reizen, ästhetischer Sensibilität, sozial-affektiver Sensibilität und sensorischem Komfort.

Dr. de Gucht teilte auch ihre Ergebnisse zur Beziehung zwischen Sensibilität, Hochbegabung und Resilienz unter Verwendung dieser Skala. Sie fand heraus, dass hochbegabte Personen eine höhere sozial-affektive Sensibilität aufweisen als die allgemeine Bevölkerung, jedoch eine geringere emotionale und physiologische Reaktivität. Zusätzlich stellte sie fest, dass Resilienz als Puffer zwischen hoher Sensibilität und psychischem Stress fungiert.

Den letzten 15-minütigen Vortrag hielt Dr. Elham Assary vom King’s College London, UK. Dr. Assary stellte ihre aktuelle Arbeit zur Genetik der Sensibilität vor, einschließlich Erkenntnissen aus einer umfassenden Zwillingsstudie.

Sie untersuchte das Zusammenspiel von genetischen und umweltbedingten Faktoren bezüglich psychischer Gesundheitsergebnisse und Sensibilität in einer Stichprobe von 2.900 Zwillingen. Dr. Assary fand heraus, dass ein hoher SPS-Wert mit einem höheren Maß an Angstzuständen, Depressionen und autistischen Merkmalen und einem geringeren Maß an subjektivem Wohlbefinden verbunden war, und dass die genetische Komponente der Sensibilität für 2-18% der individuellen Unterschiede in diesen psychischen Gesundheitsmerkmalen verantwortlich war.

5-minütige Blitzvorträge

Dann folgten die 5-minütigen Flash-Talks von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern! Den Anfang machte Dr. Sofie Weyn von der Universität Bern, Schweiz. Sie präsentierte ihre Arbeiten zur Beziehung zwischen Sensibilität und Überstimulation und wies signifikante Unterschiede darin nach, wie und warum hochsensible Personen (HSP) und nicht-hochempfindliche Personen überstimuliert werden.

Dr. Weyn stellte fest, dass hochsensible Personen bei Erschöpfung schneller überstimuliert sind als nicht-hochempfindliche Personen. Zudem fand sie heraus, dass hochsensible Personen in einer guten Stimmung und bei Freude an ihrer Umgebung weniger wahrscheinlich überreizt werden als nicht-hochempfindliche Personen.

Als nächstes referierte Dr. Robert Marhenke von der Universität Innsbruck, Österreich. Er teilte seine Arbeiten zur Beziehung zwischen Sensibilität und Aufmerksamkeit.

In seiner experimentellen Studie fand Dr. Marhenke heraus, dass hochsensible Personen Ablenkungen in ihrer Umgebung besser ignorieren können als nicht-hochempfindliche Personen, was Beweise für eine tiefere und sorgfältigere sensorische Verarbeitung der Umwelt bei hochsensiblen Personen liefert.

Den letzten Flash-Talk hielt Sophia Bibb von der Ohio State University, USA (ich!). Ich teilte meine Arbeit zur Beziehung zwischen Sensibilität, familiären Konflikten in der Kindheit und objektiver Stressreaktion bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren.

Meine Arbeit zeigte, dass in einer Gruppe von Personen, die familiäre Konflikte in der Kindheit erlebt haben, hochsensible Personen eine stärkere Bedrohungsreaktivität auf unvorhersehbare Stressoren zeigen als nicht-hochempfindliche Personen. In Abwesenheit familiärer Konflikte in der Kindheit gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen hochsensiblen und nicht-hochempfindlichen Personen.

Meine Ergebnisse tragen zu unserem Verständnis bei, wie sich das Miterleben von Familienkonflikten in der Kindheit unterschiedlich auf sensible Kinder auswirken und für Bedrohungen im späteren Leben sensibilisieren kann.

Podiumsdiskussion zur Messung der Sensibilität

Den Abschluss der Konferenz bildete eine Podiumsdiskussion über die Messung der Sensitivität unter dem Vorsitz von Dr. Michael Pluess. Die Diskussion umfasste Dr. Elaine Aron, Dr. Véronique de Gucht, Dr. Francesca Lionetti (Universität G. d’Annunzio Chieti-Pescara, Italien) und Dr. Monika Baryła-Matejczuk (Universität für Wirtschaft und Innovation, Polen).

In der Paneldiskussion wurden wesentliche Komponenten der Umweltsensibilität, bestehende Messinstrumente und deren Stärken/Schwächen sowie die beste Erfassung der Sensibilität durch Selbstberichterstattung und objektive Messungen erörtert.

Die Diskutierenden kamen zu dem Schluss, dass die Tiefe der Verarbeitung das zentrale Merkmal der SPS ist und dass effektive Skalen aufzeigen sollten, wie Sensibilität sowohl Wahrnehmung als auch Verhalten beeinflusst.

Sie waren sich auch einig, dass es herausfordernd ist, Sensibilität mithilfe eines Fragebogens zu erfassen oder zu “diagnostizieren” aufgrund der Komplexität des Merkmals und dass eine Schulung in Sensibilität entscheidend ist, um das Bewusstsein dafür, wie man hochsensible Personen in klinischen, schulischen und häuslichen Umgebungen identifizieren und mit ihnen interagieren kann, zu verbessern.

Schließlich stimmte das Gremium darin überein, dass es derzeit keine neuronalen oder biologischen Marker für Sensitivität gibt, dass die Forschung jedoch darauf abzielen sollte, die Sensitivität mit so vielen Modalitäten wie möglich zu verstehen, einschließlich genetischer, bildgebender und psychophysiologischer Methoden.

Fazit

Technische Schwierigkeiten all das, die Konferenz war ein voller Erfolg! Jeder Forscher brachte eine einzigartige Perspektive in das Studium der Sensibilität ein und half dabei, das Verständnis darüber zu erweitern, wie Sensibilität die menschliche Erfahrung beeinflusst.

Es war meine erste Sensibilitätskonferenz (und mein erstes Mal, dass ich auf einer Konferenz präsentiere!) und ich kann sie jedem empfehlen, der mehr über Sensibilität erfahren möchte. Bis zum nächsten Jahr!