Wie hohe Sensibilität die Nachhaltigkeit vorantreibt: Die Kraft der Ehrfurcht und der Verbundenheit mit der Natur
24th October 2024 - Von Helen Dunne, Francesca Lionetti, Michael Pluess und Annalisa Setti
Über die Autoren
Helen Dunne ist Absolventin der Angewandten Psychologie und absolviert derzeit ein Postgraduiertenstudium auf Lehramt.
Francesca Lionetti ist außerordentliche Professorin/Forscherin an der Universität Pavia, Expertin für Entwicklungspsychologie und spezialisiert auf sensorische Verarbeitungssensibilität.
Michael Pluess ist Professor für Entwicklungspsychologie an der University of Surrey und weithin anerkannter Experte für sensorische Verarbeitungssensibilität.
Annalisa Setti ist Senior Lecturer für Angewandte Psychologie am University College Cork, Irland.
Sie erforscht die Vorteile der Natur und nachhaltiges Verhalten bei Menschen mit unterschiedlicher Sensibilität.
Zusammenfassung
Hochsensible Menschen sind stärker mit der Natur verbunden.
In dieser Studie zeigen wir, dass Ehrfurcht, die Bewunderung für die Natur, ein wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist.
Wir zeigen auch, dass eine höhere Sensibilität durch die Verbundenheit mit der Natur und die Fähigkeit, die zukünftigen Folgen von Handlungen zu bewerten, zu umweltfreundlicherem Verhalten führt.
Studienhintergrund
Neuere Forschungen, einschließlich unserer eigenen (1) und der anderer (2), haben ergeben, dass hochsensible Menschen tendenziell stärker mit der Natur verbunden sind als diejenigen, die weniger sensibel sind.
Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da die Verbundenheit mit der Natur verschiedene Vorteile für das Wohlbefinden mit sich bringt (3).
Darüber hinaus können hochsensible Menschen, wenn sie tatsächlich stärker mit der Natur verbunden sind, eher geneigt sein, sich um sie zu kümmern und sich daher umweltschonend und umweltfreundlich zu verhalten (4).
Zusammen mit einer tieferen Verbundenheit mit der Natur könnte die Verarbeitungstiefenkomponente der Hochsensibilität hochsensiblen Menschen helfen, mehr Rücksicht auf die langfristigen Folgen ihres Handelns zu nehmen und umweltfreundliche Verhaltensweisen zu fördern.
Angesichts der entscheidenden Bedeutung der Erhaltung und Wiederherstellung der Umwelt für die Gesundheit von Mensch und Planet zielt diese Studie darauf ab, Folgendes zu untersuchen:
- ob Ehrfurcht ein psychologischer Faktor ist, der zu einer stärkeren Verbundenheit mit der Natur beiträgt, die hochsensible Menschen erleben.
- ob Personen mit einer erhöhten Sensibilität nachhaltigere (umweltfreundlichere) Verhaltensweisen an den Tag legen und welche psychologischen Faktoren diesen Verhaltensweisen zugrunde liegen.
Methode
Wir haben eine große Stichprobe von 807 Personen befragt, die verschiedene Fragen mit validierten Skalen beantwortet haben.
Um unsere erste Hypothese zu beantworten, wurden die Teilnehmer gebeten, über ihre Verbundenheit mit der Natur zu berichten, indem sie Items wie “Ich fühle mich oft mit Tieren und/oder Pflanzen verwandt” und ihre Anfälligkeit für Ehrfurcht mit Items wie “Ich fühle mich fast jeden Tag wundern” bewerteten.
Für die zweite Hypothese bewerteten wir umweltfreundliches Verhalten mit Fragen wie “Wie oft schalten Sie das Licht aus, wenn Sie einen Raum verlassen?” und unter Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen mit Fragen wie “Ich bin bereit, mein aktuelles Glück oder Wohlbefinden zu opfern, um zukünftige Ergebnisse zu erzielen”.
Zusätzlich haben wir die Sensitivität mit der kurzen Highly Sensitive Person Scale (5) gemessen.
Der Hof führte zwei Hauptanalysen durch.
Zunächst untersuchten wir, ob Ehrfurcht ein wichtiger psychologischer Faktor ist, der dazu führt, dass hochsensible Menschen mehr mit der Natur verbunden sind.
Zweitens untersuchten wir, ob ein starker Bezug zur Natur und die Berücksichtigung der zukünftigen Konsequenzen des eigenen Handelns Determinanten für die Förderung von umweltbewusstem Verhalten bei hochsensiblen Menschen sind.
Wichtigste Ergebnisse
Unsere beiden ursprünglichen Vorhersagen haben sich bestätigt.
Tatsächlich haben wir in Bezug auf unsere erste Hypothese herausgefunden, dass Ehrfurcht ein bedeutender Vermittler zwischen höherer Sensibilität und Verbundenheit mit der Natur ist.
In Bezug auf unsere zweite Studie stellten wir fest, dass sowohl die Verbundenheit mit der Natur als auch die Berücksichtigung zukünftiger Konsequenzen Vermittler zwischen hoher Sensibilität und umweltfreundlichem Verhalten waren.
Was bedeutet das?
Im Wesentlichen empfinden diejenigen, die auf der Sensibilitätsskala besser abschneiden, mehr Ehrfurcht, wenn es darum geht, die Schönheit der Natur wahrzunehmen, was wiederum zu einem Gefühl größerer Verbundenheit mit der Natur führt.
Eine tiefe Bewunderung für die Natur zu empfinden, steht im Einklang mit einer der Komponenten der Umweltsensibilität, nämlich der ästhetischen Sensibilität.
Noch wichtiger ist, dass die starke Verbindung zur Natur zusammen mit der Neigung, die Folgen des eigenen Handelns für den Planeten tiefer zu bedenken, umweltfreundliche Verhaltensweisen fördert.
Daher verbinden sich hochsensible Menschen nicht nur mehr mit der Natur, sondern sie berichten auch, dass sie aktiver für den Schutz der Umwelt sind.
Hauptbeitrag
Diese Studie ist die erste, die zeigt, dass hochsensible Menschen eher dazu neigen, sich nachhaltig zu verhalten, um sich um den Planeten zu kümmern.
Durch die Aufklärung der psychologischen Faktoren, die Hochsensibilität mit umweltfreundlichem Verhalten verbinden, bieten wir neue Erkenntnisse über diese Eigenschaft und zeigen, warum hochsensible Menschen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Planeten spielen können.
Zukünftige Forschung
Zukünftige Studien sollten sich darauf konzentrieren, andere Methoden als Erhebungen zu verwenden, um diese Faktoren zu untersuchen und Interventionen zu entwickeln, die umweltfreundliches Verhalten in der breiteren Bevölkerung unterstützen.
Literatur
- Setti A, Lionetti F, Kagari R, Motherway L, Pluess M. Die Temperamenteigenschaft der Umweltsensibilität wird mit der Verbundenheit zur Natur und der Affinität zu Tieren in Verbindung gebracht. Heliyon.
2022; 8(7). - Schwarz BA, Kern ML.
Eine qualitative Erkundung individueller Unterschiede im Wohlbefinden hochsensibler Menschen. Palgrave Kommunikation.
2020; 6(1):103. - Tzankova I, O’Sullivan C, Facciuto AI, Sacchetti L, Fini F, Cicognani E, et al.
Auseinandersetzung mit der Natur und der häuslichen Umwelt: Wohlbefinden und umweltfreundliches Verhalten unter irischen und italienischen Universitätsstudenten während des COVID-19-Notfalls. Internationale Zeitschrift für Umweltforschung und öffentliche Gesundheit.
2023; 20(14). - Setti A, MacIntyre T. Mensch-Natur-Fit: Förderung des Wohlbefindens durch die Natur.
In: Burke J, Boniwell S, Frates E, O’Boyle C, L L, Herausgeber.
Ininternational Routledge Handbook of Positive Health Sciences 2024. - Pluess M, Lionetti F, Aron EN, Aron A. Menschen unterscheiden sich in ihrer Sensibilität für die Umwelt: Eine integrierte Theorie, Messung und empirische Evidenz. Zeitschrift für Persönlichkeitsforschung.
2023;104:104377. - Dunne H, Lionetti F, Pluess M, Setti A. Individuelle Eigenschaften sind mit umweltfreundlichem Verhalten verbunden: Umweltsensibilität, Naturverbundenheit und Rücksichtnahme auf zukünftige Konsequenzen. Mensch und Natur.
2024; 6(2):586-97.